Zwischen Gefahrgut und Ehrenamt – Logistikleiter Ralf Nieß im Interview

Der Fachbereich Logistik ist komplex, facettenreich und steht immerzu vor neuen Herausforderungen, die gemeistert werden wollen. Dafür bedarf es nicht nur einiges an Fachkompetenz, sondern erfordert auch Flexibilität und Einsatzbereitschaft. Als langjähriger Leiter unserer Abteilung Logistik und Präsidiumsmitglied des Bundesverbandes Wirtschaft, Verkehr und Logistik e.V. (kurz BWVL), blickt Ralf Nieß auf viele Jahre Berufserfahrung sowie immer neuen Marktsituationen zurück. Im Gespräch erzählt er uns wie sich die Logistik im Laufe der Zeit entwickelt hat, vor welchen Herausforderungen man täglich steht und wie er die Zukunft des Fachbereiches sieht.


Ralf Nieß
Logistikleiter Ralf Nieß

Herr Nieß, Sie blicken bereits auf viele Jahre Erfahrung im Bereich Logistik zurück. Wie sah Ihre bisherige berufliche Laufbahn aus und seit wann sind Sie nun bei Häffner tätig?

Nach meiner Ausbildung zum Speditionskaufmann, erlangte ich den Studienabschluss als Verkehrsfachwirt. Zudem legte ich die Ausbildereignungsprüfung ab und arbeitete insgesamt zehn Jahre lang im Bereich LKW-Spedition. Ich durfte daraufhin ein Jahr lang Erfahrung in der Luftfracht sammeln und verbrachte dann für vierzehn Jahre meine Tätigkeit bei einem amerikanischen Konzern im Bereich Transport und Exportdokumentation. Seit 1999 bin ich nun bei Häffner tätig.

Warum haben Sie sich nach vielen Jahren im Großkonzern für Häffner entschieden und vor welchen Herausforderungen stehen Sie – insbesondere im Mittelstandsgeschäft?

Ich komme ursprünglich aus dem Mittelstand und wollte wieder dorthin zurück. Den Bereich Gefahrgut und Tank kannte ich noch nicht und wollte damit meinen beruflichen Horizont erweitern. Das hat letztlich den Ausschlag gegeben. Die Herausforderungen der Logistik drehen sich häufig um Themen wie Fahrermangel, Laderaumknappheit, aber auch die Gegebenheiten auf den Straßen wie Baustellen, Unfallgeschehen oder marode Infrastruktur im Allgemeinen. Durchfahrverbote für LKWs tun ihr Übriges und das Management von Fahr- und Arbeitszeiten würde ich als konstante Herausforderung – auch für die Zukunft – sehen.

Neben Ihrer Tätigkeit bei Häffner engagieren Sie sich ehrenamtlich in mehreren Verbänden. Unter anderem sind Sie Präsidiumsmitglied im BVWL. Wie sind Sie zu Ihrem Posten gekommen und wie lange sind Sie bereits in diesem Verband aktiv?

Häffner ist Gründungsmitglied des Verbands. Auf Vorschlag wurde ich vor einigen Jahren in den Beirat berufen und schließlich gefragt, ob ich im Präsidium mitarbeiten möchte. 2017 wurde ich dann offiziell gewählt. Das Büro des BWVL befindet sich in Bonn. Als Präsidiumsmitglied hat man hauptsächlich eine beratende Tätigkeit inne.

Warum ist die Arbeit des BWVL für Mitglieder und Transportmärkte so wichtig?

Am Wichtigsten ist der Austausch mit der Politik. Der Einzelne wird oftmals nicht gehört, deshalb ist ein Zusammenhalt und auch die Arbeit mit anderen Verbänden essenziell. Sonst kann es passieren, dass politische Entscheidungen getroffen werden, die sich schlussendlich zum Nachteil für Märkte und Unternehmen auswirken könnten.

Häffner ist daher in zwei sehr wichtigen Verbänden vertreten, dem BWVL und dem VCH (Verband Chemiehandel). Als Kontakt beim BWVI vertrete ich seit über zehn Jahren die Interessen des VCH zum Thema „Sicherheit in der Logistik“. Zusätzlich bin ich Mitglied im Verkehrsausschuss der IHK Region Stuttgart. Der Erfahrungsaustausch und das Netzwerken untereinander ist enorm wichtig für die Zusammenarbeit und die Zukunft der Branche. Man kann positive wie negative Erfahrungen diskutieren und gemeinsam zu neuen Ansätzen und Lösungen gelangen.

Die Corona-Pandemie hält nach wie vor an. Welche Veränderungen oder gar Einschränkungen konnten Sie dahingehend im Tagesgeschäft feststellen?

Touren sind schlechter planbar, da die Warenverfügbarkeit nicht immer gegeben ist. Dementsprechend ist das Tagesvolumen teilweise sehr schwankend und im Markt ist weniger Laderaum verfügbar. Im Fuhrpark müssen die Mitarbeitenden flexibel sein und sich beispielsweise auf Fahrzeugwechsel einstellen.

Sie waren kürzlich in einem ZDFheute-Beitrag zum Thema „Marode Infrastrukturen in Deutschland“ zu sehen. Inwieweit beeinflusst dieser Umstand die Arbeit in der Logistik und wie gehen Sie damit um?

Durch Baustellen, Umleitungen und Unfälle sind unsere Touren viel schwerer planbar. Wir müssen stark auf die Fahr- und Arbeitszeiten sowie die gesetzlichen Ruhezeiten achten. Zudem gibt es viel zu wenig LKW-Parkplätze. Unsere Fahrer fahren sehr früh los und kommen in der Regel am Nachmittag zurück, sodass wir doch etwas konträr zum Berufsverkehr fahren können, in der Hoffnung lange Staus zu vermeiden.

Wenn wir den Blick einmal gen Zukunft richten: Gibt es in Ihren Augen maßgebliche Veränderungen im Bereich Logistik, die künftig eine große Rolle spielen werden? Wenn ja, wie sähen diese Ihrer Meinung nach aus?

Es wird sicher spannend sein, welche Antriebe künftig Verwendung findet. Ob elektrisch, durch Wasserstoff oder Ähnliches. Meiner Meinung nach wird der Diesel als Kraftstoff auf Dauer aussterben. Der elektrische Antrieb ist derzeit für den Fernverkehr nicht praktikabel. Persönlich schätze ich, dass die Elektrik im Nahverkehr und der Wasserstoff im Fernverkehr großes Potenzial haben, allerdings muss hierfür die entsprechende Infrastruktur geschaffen werden.

Fahrer- und Laderaumknappheit werden auch künftig ein großes Thema sein. Ob und wie das autonome Fahren Einzug im Warenverkehr haben wird kann ich derzeit nicht beurteilen, ich persönlich glaube aber nicht daran, dass der Fernverkehr darauf umgestellt werden kann.

Wir durften bei Häffner kürzlich drei neue Auszubildende begrüßen. Einer der neuen Kolleg:innen wird nun in der Lagerlogistik, die anderen beiden im Groß- und Außenhandelsmanagement durchstarten. Wie wichtig ist die „Nachwuchsförderung“ in diesem Bereich Ihrer Meinung nach und welche Stärken sollten junge Azubis mitbringen, um in ihm zu bestehen?

Es ist enorm wichtig, dass Ausbildung stattfindet und junge Menschen ins Berufsleben begleitet und fachlich geschult werden. Gut qualifizierte Mitarbeiter werden immer mehr benötigt, ob im Büro oder in einem vollautomatisierten Hochregallager. Im Gegensatz zu früher hat die Haftung des Verladers eine andere Bedeutung. Daher ist die Ladungssicherung oder –  wie speziell bei Häffner beispielsweise – die Kenntnis über Gefahrgut Grundvoraussetzung für unsere tägliche Arbeit. Man muss mit Interesse, Wollen und Wissbegierde an die Sache herangehen, dann kann man in der Logistik einen sehr facettenreichen und umfassenden Beruf erlernen.

Speziell im Bereich Gefahrgut ist es wichtig, dass man keine Angst vor diesem Gut hat, aber nie den Respekt davor verliert. Durch das Tragen von entsprechender Schutzkleidung können Unfälle vermieden werden. Dennoch ist der verantwortungsvolle Umgang mit diesen Stoffen eine erforderliche Voraussetzung für unseren Arbeitsalltag. Zu guter Letzt möchte ich betonen, dass das zahlreiche Weiterbildungsmöglichkeiten angeboten werden, sodass man sich stets beruflich verbessern und – so wie in meinem Fall – auch ehrenamtlich für seinen Berufszweig einsetzen kann.

 

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